"Du weißt gar nicht, was Du eigentlich machen willst." - Diesen Satz hab ich tatsächlich neulich noch bei der Übergabe am letzten Arbeitstag gehört.
Wenn ich so die Zeit vom ersten Jobwechsel Anfang 2019 als ehemaliger Generalist (2007 - 2018) hin zu einem Spezialisten (ERP und CRM) rückblickend betrachte, tat ich mich da wirklich sehr schwer. Ich wollte sogar schon nach 2 Monaten beim Probezeit Gespräch hinschmeißen. Das Gefühl plötzlich auf andere angewiesen zu sein, war einfach gigantisch groß. Beispielsweise war die Aufgabe einen E-Mail User einrichten für eine neue Domäne plötzlich auf 3 Leute verteilt. Einer macht den Domänenkram, ein anderer die AD und ich bekomm die Anfrage und soll die neuen Zugangsdaten schicken. Jo und jeder Kollege tickt natürlich anders. Der eine ist recht schnell, weil er gerade Zeit hatte. Ein anderer lässt sich etwas Zeit, weil viel zu tun ist. Könnte ich alles selbst machen, wäre natürlich alles schnell erledigt.
Dann war da damals noch die ständige Abhängigkeit vom Dienstleister. Wussten wir etwas intern nicht, schrieb man eben ein Ticket an den Dienstleister. Der antwortete manchmal schnell und gut, manchmal aber auch langsam und dann auch noch dürftig. Besonders schlimm (jedenfalls für mich) empfand ich es, als wir für eine neue Tochter einen Webshop einrichten sollten. Am Anfang der Projektphase wurde alles hoch und heilig versprochen und dass ja alles total einfach sein soll. Dann bekamen wir einen Consultant zugeteilt, den man gelinde gesagt in der Pfeife rauchen kann.
"Ja wissen Sie, bei einem anderen Kunden geht das alles ohne Probleme. Der hat aber schon die neuere ERP Version." Mit der Info bin ich dann zu meinem Chef. Aber ein Update kam zu diesem Zeitpunkt nicht in Frage, weil wir gerade mitten in der Einführung einer Tochter waren. Also haben wir die ERP Einführung letztendlich ohne den Webshop gestartet. Später wurde dann die ERP Version upgedatet. Aber oh welche Überraschung, die versprochenen Features, welche angeblich mit der neuen Version funktionieren sollten, haben trotzdem nicht funktioniert.
Gut, mit dem Webshop sind auch viele politische Absprachen nicht umgesetzt worden. Damit wurde mir nur klar: "Ok, lass uns den Webshop noch einführen und danach bin ich weg."
So hab ich letztes Jahr einige Bewerbungsgespräche hinter mich gebracht. 3 sogar für IT Admin Stellen im öffentlichen Dienst. Ich war damals sogar bereit einen kleinen Teil von meinem Monatsbrutto abzugeben, nur um im öffentlichen Dienst mitarbeiten zu dürfen. Im Nachhinein bin ich auch froh, dass es nicht geklappt hat. Die Nähe zu Calw wäre sicherlich besser gewesen, aber egal wie modern sich die Verwaltung ausgibt am Ende ist es doch immer noch eine Behörde mit eingerosteten Strukturen. Aber ich habe auch viele Bewerbungen an andere örtliche Firmen verschickt. Es gab meistens dann aber doch eine Absage. Entweder hat es fachlich nicht gepasst oder meine Gehaltsforderung war zu hoch. Aber hey ich seh es nicht ein, dass ich mich unter Wert verkaufen muss. Gut irgendwann kam dann mal eine Mail per Xing eine Nachfrage zu einem ERP Job und innerhalb einer Woche hatte ich dann einen neuen Arbeitsvertrag. Dort hab ich es immerhin 5 Monate ausgehalten.
Rückblickend betrachtet habe ich mich schon damals beim Bewerbungsgespräch für den Job Anfang 2019 auf einen Kompromiss eingelassen. Damals waren nämlich mehrere Jobs ausgeschrieben. Ich hab mich in der Bewerbung prompt mal auf 2 Jobs beworben. Einmal als "Software Entwickler für den Embedded Bereich in C#" und einmal als "ERP / CRM Anwendungsbetreuer". Mir war damals auch schon klar, dass ich für den Job als "Software Entwickler" vermutlich zu wenig Erfahrung mitbringen werde. Ich hab zwar damals recht intensiv im Rahmen von der elektronischen Baumhaus Code Schloss Schaltung mit Arduino und C beschäftigt. Aber dabei natürlich nur fertige Bibliotheken verwendet und hauptsächlich die Logik geschrieben. Mit C# war ich tatsächlich tiefer drin, auch wenn ich meistens nur irgendwelche Logik Programme geschrieben haben. Aber Datei Handling und Auslesen aus Datenbanken, Umwandlung nach XML und eine Weiterverarbeitung über ein DataSet war schon dabei.
Ratet mal zu welchem Job ich dann damals eingeladen wurde. Natürlich für den Job als Anwendungsbetreuer für ERP und CRM. Gut, ich wollte zum damaligen Zeitpunkt einfach mal in einem Team arbeiten und so war dies tatsächlich eine gute Anlaufstelle. Zumal das Gehalt und die Zusatzleistungen bis heute dort nicht wirklich schlecht sind. Das Gehalt ist gleich geblieben, aber zwecks Tarifvertrag sind durch die ganzen Zusatzzahlungen am Jahresende gute 2 Monatsgehälter dazu gekommen. Die Freude war dann kurz groß. Als ich damals mit meinem Kollegen bei h.team gesprochen habe meinte er nur: "Hm, du schwärmst die ganze Zeit vom Programmieren und dass dir das eigentlich am meisten Spaß macht. Und jetzt gehst Du zu einem Job wo Du als ERP Betreuer arbeiten sollst?" Jo er hatte damals schon recht, das war nicht wirklich logisch.
Ich hab den Job natürlich trotzdem angetreten und nach den ersten Äußerungen, dass ich mich im Job etwas eingeschränkt fühle, hab ich dann tatsächlich mehr Aufgabenbereiche bekommen. Mal Office 365 (Exchange Online) für die Töchter einführen. Später auch die AD für die Töchter Mitbegründer und einfach insgesamt mehr Admin Kram. Mitte 2019 ist dann der Kollege weggegangen, welcher bisher die Eigenprogrammierungen für das ERP gemacht hatte. Also so einfache Dinge wie Artikel Import von SAP in unser ERP. Oder eine Schnittstelle, welche XML Dateien in ein anderes Pseudo XML Format transformiert. Da ich ja schon Programmier Erfahrung hatte, war dies endlich meine Chance wieder Programmierluft zu schnuppern. Natürlich war meine erste Tat Git zu installieren. Trotz viele Eigenprogrammierungen in dieser IT Abteilung war für die C# Programme scheinbar keine Versionsverwaltung vorhanden. Da ich Git schon von meiner alten Firma kannte, war dies die beste Wahl für mich. Denn das Programm was ich übernommen habe, war ein typisches "erstes Programm". Einfach alle Methoden runtergeschrieben und alles natürlich in einer Datei. So kann man sich schön einen Wolf suchen, wenn man eine Referenz von Zeil 120 auf Zeile 935 findet. Nach der Übernahme hab ich die Gelegenheit wahrgenommen, das Programm auch ein bisschen besser zu organisieren. Bestimmte Methoden die logisch zusammengehören in eigene Dateien auszulagern und neue Methoden zu schreiben, die für die neue Tochter notwendig waren.
Das war damals richtig erfrischend für mich. Vor allem weil das Programm, welches ich vom Kollegen übernommen habe und wir damals getestet haben im Live Betrieb ständig auf die Füße fiel. Zum Hintergrund. Ein Versandprogramm schreibt immer eine bestimmte Datei in einen Pfad. Das vom Kollegen geschriebene Programm wartet per "File.Changed" Event ob diese Datei im Ordner vorhanden ist und wenn es diese erkennt, soll eine Logik starten, welche dann eine andere Datei generiert, damit das Versandprogramm dieses Einlesen kann.
Doch leider hat dieses Programm öfter mal die Datei vom Versandprogramm nicht mitbekommen und so war das Versandprogramm dann immer blockiert.
Die Idee mit dem "File.Changed" Event war eigentlich sehr elegant, aber in der Praxis (warum auch immer!) nicht praktikabel, weil es einfach nicht funktionierte. Am Ende hab ich einfach eine kleine Schleife eingebaut, welche jede Sekunde prüft ob die Datei vorhanden ist. Ist die Datei nicht vorhanden, schläft das Programm kurz eine Sekunde und prüft dann nochmal. Nach diesem einfach Hack war das Problem gelöst und das Programm funktioniert seitdem tadellos. Jetzt kommen nur noch Fehler vor, wenn die Lieferschein Datei nicht gefunden wurde.
Aber das fand ich dann doch auch bemerkenswert. Es kommt einfach darauf an, die eigene Anwendung realitätsnah zu testen. Das "File.Changed" Event hat auf lokalen Laufwerken immer wunderbar funktioniert. Aber sobald es auf einem Netzlaufwerk lief gab es regelmäßig Probleme. Auf die Idee mit dem stumpfen Prüfen bin ich hauptsächlich dadurch gekommen, weil ich sowas ähnlich schon mal für den Arduino gemacht habe. Da prüfe ich auch regelmäßig eine Eingabe und wenn nichts kommt, wird es eben zurückgesetzt. Das war einfach eine super schöne Zeit. So konnte ich wieder etwas machen und zwar mit eigenen Händen. Ganz ohne Blackbox und fremde Dienstleister.
Die Reaktion bei der damaligen Übergabe der Programmierungen an die Kollegen und das Git im September 2021 war auch ernüchternd. "Hm jo das Git ist ja eigentlich voll toll. Aber das brauchen wir trotzdem nicht. Fragen wir lieber unsere Hardware Entwicklung ob wir deren SVN haben können." Gut... sie haben immerhin die Versionsverwaltung nicht grundsätzlich ausgeschlossen.
Der Grund für meinen Wechsel Ende September 2021 war dann, dass einfach einfach sehr vieles über Dienstleister lief. Das ist bequem, aber oftmals weiß man dann als "Admin" gar nicht mehr wirklich, was das Stück Software eigentlich macht. Das fand ich befremdlich. Grundsätzlich sind Dienstleister nach wie vor nicht verkehrt. Beispielsweise beim Betreiben der Website und des Webshops war dies goldwert. Ein Magento oder mehrere WordPress Instanzen muss man nicht unbedingt selbst hosten. Dafür ist ein spezialisierter Dienstleister sehr sinnvoll. Vor allem wenn dieser auch noch das Design macht.
Anfang Oktober ging es dann nach Tübingen. Natürlich wieder als ERP Admin. Hier war es etwas spannender, weil dann doch wieder mehr normaler Helpdesk auch bei uns landete. Aber das ERP war leider teilweise so verbogen, dass es keinen Spaß mehr machte. Und natürlich musste man auch einiges direkt in der Datenbank "reparieren". Am Ende des Tages hat das System scheinbar trotzdem gut genug funktioniert. Schließlich wird damit ein 3 stelliger Millionenumsatz generiert. Die Zeit war definitiv auch sehr hilfreich. Schließlich hab ich damit recht schnell SQL gelernt. Gar nicht unbedingt mal die "update" oder "delete" Befehle, sondern auch recht viel im "select" Bereich. Das war besonders spannend, wenn mal wieder ein paar neue Dashboards anstanden. Besonders abstrus fand ich, dass die Tabellen wohl alle keine Primärschlüssel und keine Fremdschlüssel haben. So konnte man eben alle Felder miteinander joinen. Jo hat meistens gut funktioniert. Als ich dann auch bei anderen Kollegen im Vertrieb, in der Logistik oder im Lager war, war es irgendwie intuitiver. So hab ich schnell die Anwendungen gesehen und nicht nur die Fehler.
Aber am Ende war dieses ERP System dann doch noch der Tropfen was das Fass zum Überlauf gebracht hat. Ich will einfach nicht mehr weiter im ERP Admin Bereich arbeiten.
So hab ich in den letzten Wochen wieder mit meinem alten Chef gesprochen und gefragt ob meine Rückfahrkarte noch gilt. Die waren tatsächlich alle recht begeistert, weil ich ja kein schlechter Mitarbeiter bin oder war. Menschlich komm ich in den allermeisten Fällen gut mit den Kollegen und Kolleginnen aus. Nur steh ich mir oft selbst im Weg, wenn mich etwas stört. Statt es klar zu benennen, meckere ich darüber hab aber dann doch keine klare Vorstellung was ich richtig will.
Mir war nur klar, dass ich nicht mehr ins ERP Team zurück will. Als mir dann angeboten wurde zu den beiden Entwicklern (die eigentlich schon immer DevOps waren, auch wenn man es nicht so ganz klar benannt hat) ins Team zu kommen war ich begeistert. Programmieren und nebenbei auch die notwendige Infrastruktur zu hosten, war eigentlich schon immer mein Ding. Das hab ich schon damals bei h.team am liebsten gemacht. Gut, da kam auch noch vieles anderes dazu, weshalb dafür dann leider doch nicht allzu viel Zeit übrig war.
Letztes Jahr hab ich natürlich auch noch mein Nebengewerbe gegründet, wo ich noch etwas Office 365 Kram und allgemeine Computer Hilfe anbiete. Alles in allem ergänzt sich das mit der neuen DevOps Engineer Rolle und ich freu mich nun darauf.
Das alte Team war schon damals nett und wird es hoffentlich auch weiterhin sein. Zumindest haben denen die Waffeln auch geschmeckt und haben meine normalen T-Shirts oftmals gefeiert.
Die letzten 5 Monate beim Arbeitgeber in Tübingen waren trotzdem eine gute Zeit. Einfach um mal festzustellen, wie andere Firmen arbeiten und welche ERP Systeme es noch gibt. Außerdem hat es mir nun ganz klar aufgezeigt: ERP ist ein schönes Feld, aber nicht mehr mein Feld. Außerdem sollte ich in Zukunft mehr mit meinen Chefs sprechen, wenn mir irgendwo der Schuh drückt und nicht gleich wieder den Job wechseln. Es war trotz allem eine relativ angenehme Zeit dort und hat Spaß gemacht.
Ich bin gespannt, wie die DevOps Rolle am Ende wird. Aber ich hoffe, dass ich dort so glücklich werde um mindestens die 10 Jahres Prämie abzustauben. Zu diesem Zeitpunkt bin ich dann auch immerhin Mitte Vierzig und sollte endlich meinen Wunschjob gefunden haben.
Trotz allem: Hier noch ein Lesetipp zum Thema Recruiter.